Einwohner: 824
Geburtstag: 1268 (erste urkundliche Erwähnung unter dem Namen „Nyzwas“)
Bekannt für: ein Schloss aus einer Zeit, als alles noch barock war
Auf manchen Fahrten über buckelige Landstraßen, wenn auch mein Navi mich verlässt, frage ich mich oft, ob es das Ziel wert ist. Bis jetzt war die Antwort zum Glück immer ‚ja‘. So auch im Falle des Örtchens Neschwitz, welches über ein wunderhübsches kleines Barockschloss und den obligatorischen Park im französischen Stil verfügt, sowie nette Menschen, die sich mit einem unterhalten, wenn man möchte. (Wie in jedem Dorf gibt es wahrscheinlich auch ein paar unfreundliche Menschen, die sich nicht unterhalten möchten, aber solche sind mir nicht über den Weg gelaufen.)
Inhaltsverzeichnis
Das Barockschloss
Das Schloss aus dem Jahre 1723 hat, nach der Enteignung des letzten Schlossherrn Arnold Freiherr von Vietinghoff-Riesch (1895-1962), die für solche Gebäude in der DDR übliche Karriere eingeschlagen und wurde als Schule, Kindergarten und Wohnung genutzt. Es diente aber auch als Vogelschutzwarte, denn der letzte Besitzer war nicht nur adelig, sondern auch Forstwissenschaftler und Ornithologe. Die Sächsische Vogelschutzwarte ist inzwischen in einen der drei sanierten Pavillons neben dem Schloss eingezogen. Bevor die Sanierung kam, drohte jedoch der Verfall. Denn während der DDR-Zeit wurde nur das Nötigste zur Instandhaltung unternommen.
Das Hauptgebäude des 5, 5 ha großen Areals ist das sogenannte „Alte Schloss“. Es wurde in den Jahren 1721 bis 1723 unter dem damaligen Besitzer Herzog Friedrich Ludwig von Württemberg-Winnental (1690-1734) auf dem mittelalterlichen Kellergewölbe des Vorgängerbaus errichtet. Der barocke Bau diente als Sommerresidenz für den Herzog und seine Ehefrau Ursula Katharina von Altenbockum (1680-1743), Reichsfürstin von Teschen, ehemalige Mätresse Friedrich Augusts I. (1670-1733). (Gibt es auch nur einen Ort in Sachsen, der nicht irgendwie irgendetwas mit August dem Starken zu tun hat? Tipps werden angenommen.)
Das „Neue Schloss“ wurde 1766 bis 1775 erbaut. Im Mai 1945 wurde das Gebäude zur Plünderung freigegeben und angezündet. Es brannte bis auf die Grundmauern nieder. Auf diesem Gelände befindet sich heute die Grundschule von Neschwitz.
Dass das Schloss und das Parkgelände so gut erhalten wurde und wird, liegt hauptsächlich am dort ansässigen Heimat- und Kulturverein. Das dort an den Tag gelegte Engagement ist wirklich bewundernswert und es zahlt sich aus. Da können sich andere Heimatvereine wirklich mal eine Scheibe abschneiden. (Das soll keine Kritik an mir bekannten Heimatvereinen sein. Oder vielleicht doch.)
Historischer Abriss
1454 | Umbau der schon bestehenden Wasserburg zu einem Renaissanceschloss |
1572-1595 | im Besitz von Hans Haubold von Schleinitz |
1595-1600 | im Besitz von Friedrich von Pannewitz |
1600-1620 | im Besitz der Familie von Ponickau |
1620-1709 | im Besitz der Familie von Theler |
1709-1721 | im Besitz von Schack von Rumohr |
1721-1737 | im Besitz von Herzog Friedrich Ludwig von Württemberg-Winnental und Ursula Katherina von Altenbockum;
Abriss des alten Schlosses und Neubau und Ausbau im barocken Stil; |
1737-1757 | im Besitz von Aleksander Józef Sułkowski |
1757-1763 | im Besitz von Johann Heinrich Simonis |
1763-1945 | im Besitz der Familie von Riesch bzw. ab 1866 von Vietinghoff-Riesch |
1766-1775 | Bau des Neuen Schlosses und Erweiterung der Parkanlage im englischen Stil |
1930-1945 | Gründung der Vogelschutzwarte unter der Leitung von Arnold Freiherr von Vietinghoff-Riesch |
1945 | das Neue Schloss wurde komplett abgebrannt;
Nutzung des Alten Schlosses u. a. als Kindergarten und Schule |
1950 | Bau der neuen Schule auf Grundmauern des Neuen Schlosses |
1953-1970 | Nutzung des Alten Schlosses als Sitz der Vogelschutzwarte |
seit 1961 | Nutzung des Barocksaals als Konzertsaal |
seit 1978 | Ausstellung zeitgenössischer Kunst im Schloss |
1970-1991 | Nutzung durch das Institut für Forstwissenschaften Eberswalde |
seit 1998 | historische Dauerausstellung im Schloss |
Beim Neubau der jetzigen Anlage wurden neben dem Schloss und dem Park noch vier Pavillons, eine Balustrade mit Sandsteinverzierungen, zwei Torhäuschen, ein Jagdpavillon mit Wildpark, zwei Springbrunnen und ein Wirtschaftshof mit Brauhaus und Marstall errichtet.
Der Jagdpavillon
Was gibt’s noch zu sehen?
Das Heimatmuseum
Das Heimatmuseum, welches vom selben Verein betrieben wird wie das Schloss, ist auch ganz herzallerliebst. Es ist nicht viel, aber es ist eben ein kleiner Ort. Außerdem trifft man auch hier, die eingangs erwähnten netten Menschen. Ein bisschen Wehmut und Ratlosigkeit hängt in der Luft, wenn man vor der Wand mit den Wappen der Gewerbe steht, die einst im Dorf ansässig waren. Aber wie mir zum Schluss versichert wurde, gibt es in Neschwitz keinen Monat in dem nichts los ist. Das heißt im Umkehrschluss, es gibt immer einen Grund mal wieder Neschwitz zu besuchen.
Die evangelische Kirche
Über die Entstehung der Kirche ist nichts genaues bekannt. Im 17. Jahrhundert wurden einige bauliche Veränderungen, sowohl innen als auch außen vorgenommen. Der Kirchturm wurde 1693 errichtet. Er wurde 1945 zerstört und verlor dabei auch seine Turmhaube. Seit 2009 hat der Turm wieder eine Haube, die das Landschaftsbild prägt.
A.K.
Sehr interessante Zusammenstellung. Lesenswert, danke.
A.K. Milwitz