Einwohner: 24.266
Geburtstag: 804
Bekannt für: die namensgebende Hälfte des nördlichsten deutschen Bundeslandes, ein Schloss, Männer mit Bärten
a. k. a. Wikinger
Wenn man sich nicht entscheiden kann, ob man an die Nord- oder Ostsee fahren soll und das Wetter auch keine große Hilfe ist, wie wär’s dann mal mit der Mitte? Die Stadt Schleswig liegt so günstig, dass man zu jeder Küste weniger als eine Stunde unterwegs ist. Empfehlenswert ist aber zunächst die Stadt selbst kennenzulernen. Die Wikingerstadt liegt an der Schlei, an welcher man auch entspannt entlang spazieren oder auf einem der Stege sitzen und den Sonnenuntergang genießen kann.
Das Schloss Gottorf
Das Schloss Gottorf ist neben dem Wikingerdorf Haithabu wohl die bekannteste Sehenswürdigkeit in der Region. Es steht auf einer eigenen Insel, umgeben von einem Burgsee und beherbergt das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte und das Archäologische Landesmuseum.
Wie in vielen anderen Kulturmuseen beginnt die Zeitachse im Mittelalter und arbeitet sich dann bis zur Gegenwart vor. Neben den üblichen Verdächtigen wie Altaraufsätzen, Möbeln, Waffen und diverser Volkskunst, gibt es eine Gruppe von Werken von Lucas Cranach d. Ä. (1472-1553) und die Rendsburger Gutenberg-Bibel zu sehen.
Hervorzuheben ist außerdem die barocke Sammlung bzw. Raumausstattung. Die Stuckdecken im Weißen und Blauen Saal sind wunderschön und der Hirschsaal mit seinen Hochreliefs ist schon sehr speziell (das ist nicht negativ gemeint).
Das Archäologische Landesmuseum ist bis auf die Moorleichen und das sehr eindrucksvolle Nydam-Boot leider etwas dröge. Wenn man nicht gerade ein leidenschaftliches Interesse für die Archäologie hat, läuft man nur durch, um zu den vorgenannten Highlights zu kommen. Das Nydam-Boot ist in einer eigenen Halle zu besichtigen. Auch die Kunstsammlungen und die Sonderausstellungen sind in den umliegenden ehemaligen Wirtschaftsgebäuden des Schlosses zu finden. Diese Aufteilung führt dazu, dass die Ausstellungsräume nicht zu überladen sind, weder an Besuchern noch an Objekten.
Wenn man nach der Schlossbesichtigung immer noch nicht fußlahm ist, kann man anschließend durch den barocken Neuwerkgarten flanieren. Der Terrassengarten beherbergt auch das Globushaus, indem sich ein Planetarium aus dem 17. Jahrhundert in Form eines Riesenglobus befindet, der es einem erlaubt in acht Minuten um die Welt zu reisen.
Historischer Abriss des Schlosses Gottorf
1161 | Errichtung unter Bischof Occo |
1268 | Gottorf geht im Tausch an Herzog Erich I. von Schleswig |
1340 | Gottorf im Besitz der in Holstein regierenden Schauenburger Grafen |
1460 | Vertrag von Ripen: König Christian I. von Dänemark, Norwegen und Schweden wird Graf von Schleswig und Holstein; Personalunion zwischen dänischem König und schleswig-holsteinischem Herzog bis 1864 |
1492 | Brand der mittelalterlichen Burg, Wiederaufbau des Südflügels |
1523 | Herzog Friedrich I. wird dänischer König; Gottorf bleibt Hauptresidenz |
1616-1659 | unter Herzog Friedrich III. kulturelles Zentrum Nordeuropas; Ausbau der Bibliothek; Errichtung der Kunstkammer |
1665 | Vollendung des Neuwerkgartens und des Globushauses |
1697-1703 | barocker Umbau des Schlosses |
ab 1731 | Residenz der dänischen Statthalter |
1848-1851 | während der Schleswig-Holsteinischen Erhebung Nutzung als Lazarett |
1852 | Nutzung als dänische Kaserne |
1864 | Nutzung als preußische Kaserne; Verlust der ursprünglichen Ausstattung und Einrichtung; Errichtung von Stallungen und einer Exerzierhalle |
1871 | Explosion des großen Standerkers |
ab 1945 | Auffanglager für Flüchtlinge; teilweise Vermietung |
ab 1948 | Sitz der Schleswig-Holsteinischen Landesmuseen |
1985-1987 | Wiederaufbau des großen Standerkers |
Die Stadt
Die Stadt Schleswig bietet an sich leider nicht so viel, wie sie könnte. Die Innenstadt stinkt gegen die zwei großen kulturellen Magneten Schloss und Wikingerdorf ein bisschen ab. Und das müsste ja nun wirklich nicht sein. Wenn es eine positive Entwicklung der Konsumgesellschaft gibt, die ich vollends unterstütze, dann die der finanziellen Ausbeutung von Touristen. Und ehe sich jetzt wieder jemand empört, weil das ja total fies ist, muss ich darauf hinweisen, dass ich zwischen Besuchern und Touristen unterscheide. Erstere haben Sinn für Kunst und Kultur und besuchen einen Ort, um danach im Internet überklug darüber zu bloggen. Die zweite Gruppe besteht meiner Beobachtung nach hauptsächlich aus erwachsenen AKs (Wer nicht weiß was ein AK ist, hat wahrscheinlich keines. Herzlichen Glückwunsch!). Am Ende darf jeder gerne selbst entscheiden zu welcher Gruppe er sich zugehörig fühlt.
Also Schleswig, du hast das Potenzial, ran an den Speck!
P. S.: Dem geneigten Leser mag aufgefallen sein, dass in diesem Beitrag sehr wenig Wikinger-Action zu finden ist. Das liegt daran, dass ich nicht in Haithabu war. Dieser Besuch wird zu einem geeigneteren Zeitpunkt nachgeholt. Versprochen.