Geburtstag: 1412
Einwohner: 782
Bekannt für: ein Rokoko-Schloss
Neben seiner beachtlichen politischen Karriere hatte der sächsische Premierminister Heinrich von Brühl (1700-1763) auch einiges an Landbesitz angehäuft (über das Schloss Seifersdorf – das er jedoch nie besuchte – und das Seifersdorfer Tal schrieb ich bereits). Eines seiner Landgüter befand sich in Nischwitz nordwestlich von Wurzen. Der Graf von Brühl erwarb es im Jahr 1743. Ein Herrenhaus war schon vorhanden. Es wurde von 1714 bis 1720 unter dem damaligen Besitzer, dem Freiherren Gustav Carl von Rackwitz (gest. 1729) erbaut. Das Herrenhaus brannte im Jahr 1726 mit einigen Nebengebäuden ab, wurde aber gleich wieder aufgebaut. Sofort nach dem Kauf ließ Heinrich von Brühl das Schloss um- und ausbauen, wobei die schon vorhandene Bausubstanz integriert wurde. Die Entwürfe für die neue Dreiflügelanlage stammten vom Oberlandbaumeister Johann Christoph Knöffel (1686-1752), der auch bei vielen anderen Bauprojekten für Heinrich von Brühl tätig war. Um 1750 waren die Bauarbeiten sowohl innen und als auch außen fertig. Das Schloss wurde ganz dem Geschmack des Rokokos folgend auch innen kostbar ausgestattet. Davon ist außer den Wand- und Deckenmalereien aber nicht mehr viel zu sehen.
Infolge des Siebenjährigen Krieges zogen preußische Truppen durch Sachsen. Da das Verhältnis zwischen dem preußischen König Friedrich II. und dem sächsischen Premierminister etwas – sagen wir mal – angespannt war, gab es auch keine Rücksicht auf kulturelle Verluste, als preußische Soldaten im Jahr 1758 in Nischwitz ankamen. Das Schloss wurde schwer zerstört, aber nicht abgebrannt. Das wertvolle Interieur wurde entweder zerstört oder mitgenommen. Mit dem Wiederaufbau wurde zwar sofort nach Kriegsende 1763 begonnen, allerdings verstarb der Graf von Brühl im selben Jahr und die Arbeiten wurden eingestellt. Erst mit dem Verkauf des Ritterguts im Jahr 1777 an den Leipziger Juristen Dr. Philipp Heinrich Lastrop wurde das Schloss wieder instand gesetzt. Auch im 19. Jahrhundert unterlag das Schlossgelände noch einigen baulichen Veränderungen. Im Jahr 1817 ging es in den Besitz der Familie von Ritzenberg über, die im Schlosspark eine Familiengruft in Form eines dorischen Tempels anlegte. Direkt gegenüber diesem kleinen Mausoleum befindet sich die Grablege der Familie von Zimmermann, der das Gut von 1889 bis 1945 gehörte. Während der DDR-Zeit wurde das Schloss als Alten- und Pflegeheim genutzt. Gegen Ende der 1980er Jahre wurden die Wand- und Deckenmalereien restauriert. Das Schloss befindet sich seit den 1990er Jahren in Privatbesitz. Während die Nebengebäude, die einst als Küchentrakt und Orangerie dienten, zu Wohnungen umgebaut wurden, steht das Schloss leer. Der englische Park steht Besuchern allerdings offen.
Direkt gegenüber der Hofseite des Schlosses befindet sich ein sogenannter „Point de vue“. Auf dem kleinen Sockel in der Nische befand sich einst eine Skulptur von Ceres, der Göttin des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit.
Das Schloss wird mit den Nebengebäuden durch Arkaden verbunden.
Die Arkaden sind mit romantischen Landschaftsszenen ausgemalt.
Durch die Arkaden gelangt man auch in den Schlosspark.
Der Schlosspark wurde mehrfach umgestaltet und entspricht heute dem Stil englischer Landschaftsparks.
Von der barocken Parkarchitektur sind diese beiden Teehäuschen übrig geblieben.
Die Parkseite des Schlosses
Die illusionistische Fassadenbemalung der Gartenseite des Schlosses ist ein Produkt der Restaurationsarbeiten in den 1980er Jahren.
Die um 1848 erbaute Grablege der Familie von Ritzenberg ist nach dem Vorbild eines dorischen Tempels errichtet.
Die Grablege der Familie von Zimmermann befindet sich direkt gegenüber des Tempelchens.
In Nischwitz ist neben dem Schloss und dem Park sonst nicht so viel zu entdecken. Interessant für alle Geschichts- und Kunstgeschichtsnerds ist vielleicht, dass das Geburtshaus von Cornelius Gurlitt (1850-1938) in dem kleinen Ort steht. Am Haus selbst erinnert eine Tafel über dem Eingang an den Kunsthistoriker, dessen Hefte „Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen“ immer noch eine fundierte Quelle für kleine Provinzblogger sind.
Das Geburtshaus des Kunsthistorikers Cornelius Gurlitt
Die Kirche in Nischwitz wurde durch Zerstörungen und Verfall dreimal aufgegeben, aber immer wieder aufgebaut. Der Turm wurde 1980 zurückgebaut und das Gebäude als Werkstatt genutzt. Im Jahr 2001 fand die Wiedereinweihung als Kirche statt.