Das Museum im Stasi-Bunker

Die Sonne scheint und die Vögel zwitschern. Die ganze Natur summt und brummt. Was könnte es Schöneres geben? Ein Besuch im Stasi-Bunker in Machern, zum Beispiel. Ganz idyllisch im Naherholungsgebiet Lübschützer Teiche gelegen, stößt man, nach einem netten Spaziergang durch die Waldgartensiedlung, auf ein Gelände mit vielen mehr oder weniger gut erhaltenen Gebäuden. Vor jedem Gebäude steht ein kleines Info-Täfelchen und klärt darüber auf, welche Funktion diese hatten. Die allerwichtigste Funktion der Bauten ist hingegen die Tarnung des gesamten Areals. Es soll der Anschein erweckt werden, dass hier alles in bester Ordnung und durchschnittlich spießig ist. Wenn man dann die große Halle betritt, ist es aber vorbei mit der Spießigkeit. Eine in Beton gegossene Treppe führt nach unten und es eröffnet sich ein spannendes Kapitel der DDR-Geschichte.

Der Bunker

Die sogenannte Ausweichführungsstelle wurde 1968 bis 1971 erbaut und sollte im Spannungs- und Mobilmachungsfall dazu dienen, der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig, die in der „Runden Ecke“ residierte, den Machtanspruch auch im Ausnahmefall zu sichern. So ein Ausnahmefall war, zum Beispiel, der Volksaufstand vom 17. Juni 1953. Denn falls man es nicht schaffte, den wütenden Mob zeitnah niederzuknüppeln, musste man ja irgendwohin, wo man in Ruhe weiterarbeiten konnte.

Aber auch für den nuklearen Ernstfall war der Bunker jederzeit vorbereitet. Einhundert führende Stasigenossen, inklusive Verbindungsoffizieren des KGB hätten in dem 1.435 qm großen Bunkerinneren Platz gehabt. Praktisch wurde der Bunker nie genutzt, da es nach 1953 zu keinem der postulierten Ausnahmefälle kam. Wenn man heute durch den Bunker spaziert und sich die Ausstattung ansieht, fragt man sich schon wer hier eigentlich wen verarscht. Der Bunker hätte mit nur 5 m Tiefe keiner Bombardierung standgehalten. Die Nutzung des Bunkers war für zehn Tage geplant. Ich bin kein Atomphysiker, aber im Falle eines nuklearen Angriffs halte ich das doch für etwas knapp bemessen. In dieser Hinsicht offenbaren sich noch andere Skurrilitäten. In jedem der Stollen stehen Luftaufbereiter, die mit Asbestplatten versehen waren. Die Luftversorgung ist sowieso eine sehr interessante Sache, denn von außen durfte ja keine Frischluft zugeführt werden. Es gab viele Schadstofffiltersysteme und zwei Dieselmotoren, die die Stromversorgung für zwei Monate gesichert hätten. Aber wohin mit den ganzen Abgasen, wenn man sie nicht nach draußen ableiten kann, weil dort noch der Fallout vor sich hinwabert? Man durfte nicht mal die Toilettenspülung betätigen, da sonst zu viel Luft von außen angezogen worden wäre. Der Plan war, dass der Stuhlgang in Plastiktüten verstaut und in tonnenähnlichen Eimern gelagert werden sollte. Einhundert Menschen deren Fäkalien zehn Tage lang in Eimern lagern. Ich weiß schon, weshalb ich kein Geheimagent geworden bin. Bei Michael Westen mag das alles sehr stylish aussehen, wie er im silbergrauen Anzug durch die Gegend rennt, aber die Realität ist, wie so oft, ästhetisch nur schwer zu ertragen.

Wieder oben in der Halle angekommen gibt es noch eine kleine Ausstellung mit Erläuterungen zum Bunker, zum Kalten Krieg und dem MfS. Anschließend kann man noch über das 5,2 ha große Gelände flanieren und die restlichen Gebäude ansehen, die mit zum Objekt gehören und als Ferienanlage des VEB Wasserversorgung und Abwasserbehandlung getarnt waren. Dann läuft man zurück durch die Kleingärtneridylle und am Parkplatz angekommen, muss man entweder lachen, weinen oder mit dem Kopf schütteln. Das sei jedem selbst überlassen.

Historischer Abriss

Bunker

 

1968-71: Bau des Bunkers am Rande der Gartensiedlung

1970er: Bau der Legendierungshalle mit Schlosserei als Sichtschutz

04. Dezember 1989: Entdeckung des Bunkers durch den Pfarrer der Stadt Machern

Januar 1990: bei einer Pressekonferenz wird der Bunker erstmals für Öffentlichkeit zugänglich

Waldgartenverein Lübschützer Teiche e. V.

 

Anfang 1920er: Nutzung der Teiche für den Badebetrieb

1929: Entstehung einer Zeltstadt für Erwerbslose

01. Juli 1933: Gründung der Laubenkolonie am Sorgenberg

23. Juli 1933: gewaltsame Auflösung des Zeltlagers durch SS u. a.

04. April 1946: offizielle Gründung der später sogenannten Alfred-Frank-Siedlung

1954-1958: Bau eines Erholungs- und Schulungsheimes

1963: Lübschützer Teiche werden zum Naherholungsgebiet erklärtab

1972: Bau von Bungalows durch verschiedene Leipziger Betriebe

1990: Eintragung des Vereins als Wochenendsiedlerverein Lübschützer Teiche (später Umbenennung in Waldgartenverein)

01. Januar 2000: Ankauf der Siedlungsgrundstücke durch den Verein selbst

 

Die Bunkeranlage war als Ferienobjekt getarnt und offizieller Teil der Alfred-Frank-Siedlung. Die Bewohner der Siedlung hatten nach eigenen Angaben keine Kenntnis von der Existenz des Bunkers.

Die Bunkeranlage war als Ferienobjekt getarnt und offizieller Teil der Alfred-Frank-Siedlung. Die Bewohner der Siedlung hatten nach eigenen Angaben keine Kenntnis von der Existenz des Bunkers.

Der Haupteingang

Der Haupteingang

Das Wohnhaus des Bunkerkommandanten. Das Haus täuschte die zivile Nutzung des Geländes vor. Das Kellergeschoss diente den sechs MfS-Mitarbeitern der Wartungsmannschaft als Pausen- und Schulungsraum. Der Bunkerkommandant war Referatsleiter im Dienstrang eines Majors. Seine Frau arbeitete als Putz- und Küchenhilfe beim MfS. Das Haus ist heute Eigentum der Gerichshainer Bau- und Wohnungs-GmbH.

Das Wohnhaus des Bunkerkommandanten. Das Haus täuschte die zivile Nutzung des Geländes vor. Das Kellergeschoss diente den sechs MfS-Mitarbeitern der Wartungsmannschaft als Pausen- und Schulungsraum. Der Bunkerkommandant war Referatsleiter im Dienstrang eines Majors. Seine Frau arbeitete als Putz- und Küchenhilfe beim MfS. Das Haus ist heute Eigentum der Gerichshainer Bau- und Wohnungs-GmbH.

Offizier für Verbindung und Koordinierung. Gäste

Offizier für Verbindung und Koordinierung. Gäste

Leiter der Bezirksverwaltung

Leiter der Bezirksverwaltung

Das Herzstück der Anlage. Nachrichtenzentrale. Schalt- und Übertragungsstelle.

Das Herzstück der Anlage. Nachrichtenzentrale. Schalt- und Übertragungsstelle.

Nachrichtenzentrale. Fernschreibvermittlung. Fernschreibstelle. Chiffrierstelle.

Nachrichtenzentrale. Fernschreibvermittlung. Fernschreibstelle. Chiffrierstelle.

Die Legendierungshalle mit Schlosserei. Zur Tarnung der Bunkereingänge, vor allem gegenüber westlicher Satellitenaufklärung, wurde diese Halle gebaut. Ihre leichte Bauweise aus Fertigteilen sollte die Verschüttung der Eingänge im Falle einer Zerstörung verhindern. In einem abgeteilten Seitenraum befand sich eine Schlosserwerkstatt. Die restliche Fläche diente zur Lagerung der Mobilmachungsreserve.

Die Legendierungshalle mit Schlosserei. Zur Tarnung der Bunkereingänge, vor allem gegenüber westlicher Satellitenaufklärung, wurde diese Halle gebaut. Ihre leichte Bauweise aus Fertigteilen sollte die Verschüttung der Eingänge im Falle einer Zerstörung verhindern. In einem abgeteilten Seitenraum befand sich eine Schlosserwerkstatt. Die restliche Fläche diente zur Lagerung der Mobilmachungsreserve.

Die Tischlerwerkstatt. In diesem Flachbau befand sich eine vollständig eingerichtete Tischlerwerkstatt. Da das Gelände und der Bunker von keiner zivilen Firma betreten werden durfte, mussten alle arbeiten von den MfS-Mitarbeitern selbständig ausgeführt werden. Die originale Inneneinrichtung blieb nicht erhalten.

Die Tischlerwerkstatt. In diesem Flachbau befand sich eine vollständig eingerichtete Tischlerwerkstatt. Da das Gelände und der Bunker von keiner zivilen Firma betreten werden durfte, mussten alle arbeiten von den MfS-Mitarbeitern selbständig ausgeführt werden. Die originale Inneneinrichtung blieb nicht erhalten.

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