Unterwegs auf dem Kulturweg der Vögte IV

Das Vogtland ist vielleicht keine Region unendlicher Weiten, aber, was mich betrifft, ist es eine Region unbekannter Weiten. In Sachsen ist DAS Vogtland dieser kleine komische Zipfel irgendwo im westlichsten Westen des Freistaates. Manchen fällt vielleicht noch die Assoziation zu Stefanie Hertel ein oder zur Plauener Spitze. Und sonst so? Danke meiner lieben Freunde vom Blog „Vogtland-Zauber“ wusste ich wenigstens schon, dass das Vogtland sich über Sachsen hinaus bis nach Thüringen Bayern und Tschechien erstreckt und Plauen NICHT die größte Stadt in dieser Region ist (sorry, not sorry). Aber über die Historie dieses Landstriches wusste ich eigentlich so gut wie nichts. Und so begab ich mich zusammen mit dem Vogtland Tourismus auf den Kulturweg der Vögte und verbrachte ein paar spannende und verregnete Tage in diesen unbekannten Weiten.

Noch ein Servicehinweis: Ich habe mich durch zusätzliche Recherche ehrlich bemüht die Geschichte der Vögte, der Herren und der Adelsfamilie von Reuß zu entwirren. Es ist mir leider nicht gelungen, da in der Fachliteratur auch einige Unordnung bzw. Unkenntnis darüber herrscht, welcher Heinrich nun zu welcher Linie gehört und die Begriffe „Vogt von“ und „Herr von“ oft nicht klar voneinander getrennt werden. Vielen Dank für die Kopfschmerzen! Da ich nicht möchte, dass meine liebe Leserschaft einen Knoten im Hirn bekommt, so wie ich, habe ich die historischen Verortungen relativ einfach gehalten, so dass man sie (hoffentlich) gut nachvollziehen kann. Im Zweifelsfall gilt für die vogtländische Geschichte, dass immer irgendein Heinrich mit dazugehöriger Ordnungszahl irgendwann irgendwo zugegen war.

Teil IV – Das Böhmische Vogtland

Eger/Cheb

Die Stadt Eger ist das Zentrum des Egerlandes. Die Stadt wurde im Jahr 1061 erstmals urkundlich als „egire“ erwähnt. Im Jahr 1167 erwarb Kaiser Friedrich I. Barbarossa das Egerland und begann mit dem Bau einer Kaiserpfalz, von der heute noch die Reste erhalten sind.

Das Egerland bildet zugleich auch den böhmischen Teil des Vogtlandes, denn im Jahr 1281 erhielt der Vogt von Plauen, Heinrich I. den nahe gelegenen Ort Asch als Reichslehen. In den folgenden Jahren konnten die Vögte ihr Einflussgebiet auf das gesamte Egerland ausweiten. Selbst als das Egerland im Jahr 1322 erstmals an die böhmische Krone fiel, blieb es unter der Verwaltung der Vögte.

Durch ihre grenznahe Lage hatte die Stadt Eger im Mittelalter eine relativ spezielle eigenständige Stellung, besonders seit sie 1277 zur Reichsstadt erhoben wurde. Somit konnten sich die Stadt und das sie umgebende Land Rechte und Freiheiten sichern, auch wenn oft zwischen dem Heiligen Römischen Reich und der böhmischen Krone fröhlich Gebiete verpfändet und getauscht wurde.

Die Stadt wurde lange Zeit mit den beiden Namen „Cheb“ und „Eger“ bezeichnet. Seit dem Jahr 1945 heißt sie offiziell nur noch Cheb.

Der Schmuckdeckel zeigt das Stadtwappen mit einem Adler über einem Gitter.

Der Schmuckdeckel zeigt das Stadtwappen mit einem Adler über einem Gitter.

Die Burg

Im Jahr 1179 ließ Kaiser Friedrich I. Barbarossa die Burg Eger bauen. Sie ist somit die einzige Kaiserpfalz in der tschechischen Republik. Besonders auffällig ist der Schwarze Turm, der aus Vulkanbasalt aus dem nahegelegenen Kormoní Hůrka (Kammerbühl) erbaut wurde. Das Burggelände umgeben immer noch Teile der ehemaligen Stadtbefestigung.

Um einen Eindruck davon zu bekommen, wie die Burg zu ihrer besten Zeit aussah, kann man sich vor Ort die kostenlose App „timeTRIP“ herunterladen und die auf dem Gelände verstreuten QR-Codes scannen. Es gibt drei Jahre zwischen denen man auswählen kann (1150, 1250, 1500). Je nachdem auf welchem Beobachtungspunkt man sich befindet, erhält man einen schönen virtuellen Rundblick.

Auf dem Burghof. Links sind die Mauerreste des Palas zu sehen. Rechts steht die Doppelkapelle.

 

Blick an die Decke der Doppelkapelle

 

Der obere Teil der Doppelkapelle entstand zwischen 1180 bis 1220.

Der obere Teil der Doppelkapelle entstand zwischen 1180 bis 1220.

 

Im Rahmen der Landesgartenschau in Kooperation mit Marktredwitz im Jahr 2006 wurde der Bereich unterhalb der Bastionsmauern zu einem Park umgestaltet.

Ein kleiner Stadtspaziergang

Eger/Cheb eignet sich hervorragend für einen Altstadtbummel. Die Häuser sind zum größten Teil saniert und erstrahlen in bunten Farben. Das Herzstück ist natürlich der wunderschöne langgestreckte Markt, dessen Anlage aus dem 13. Jahrhundert stammt. Der bekannteste Anziehungspunkt auf dem Platz ist das sogenannte Stöckl (tschechisch: Špalíček). Es handelt sich dabei um einen Gebäudekomplex bestehend aus elf Häusern, die von einem schmalen Weg, dem Krämergässchen geteilt werden. Die heute noch stehenden Häuser sind wahrscheinlich die Überreste einer viel größeren Bebauung, die aber einem Stadtbrand im Jahr 1270 zum Opfer fiel.

In vorderen – zum Markt hinzeigenden – Gebäude befindet sich auch ein Restaurant indem die böhmische Küche angeboten wird.

Hinter dem Stöckl befindet sich das sogenannte Pachelbelhaus. Darin ist das Museum der Stadt Eger untergebracht. Es hat außerdem noch einen besonderen historischen Wert, denn es handelt sich um das Gebäude in dem der Generalissimus der österreichischen Armee, Albrecht von Wallenstein, im Jahr 1634 ermordet wurde. Das klingt natürlich für normale Menschen nicht besonders sexy, aber für jemanden, der seine erste Hausarbeit über Wallenstein geschrieben hat und in seiner Heimat nur von schwedischen Königen und korsischen Feldherren umgeben ist, ist es schon etwas Besonderes.

Das Rathaus wurde in den Jahren 1723 und 1727 von Giovanni Battista Alliprandi gebaut. Auf dem Brunnen davor steht eine Rolandstatue.

Das Rathaus wurde in den Jahren 1723 und 1727 von Giovanni Battista Alliprandi gebaut. Auf dem Brunnen davor steht eine Rolandstatue.

Die Marktseite des Špalíček/Stöckl.

 

Vor dem Restaurant Špalíček steht der zweite Marktbrunnen mit einem Herkules in der Mitte.

 

Die Krämergasse

Die Krämergasse zwischen den beiden Blöcken des Stöckls diente früher als Abfallhalde. 

 

Die Front des Pachelbelhauses ist verziert mit Erinnerungstafeln für die Ermordung Wallensteins.

 

Im Rahmen eines Kunstprojektes wurden die kleinen Nischen an Häusern, in denen sich sonst Heiligenfiguren befanden, mit neuen Skulpturen bestückt. Man kann sie überall in der Stadt finden.

Im Rahmen eines Kunstprojektes wurden die kleinen Nischen an den Häusern, in denen sich sonst Heiligenfiguren befanden, mit neuen Skulpturen bestückt. Man kann sie überall in der Stadt finden.

Die Burg Seeberg

Bei der Burg Seeberg handelt es sich um eine sogenannte Ministerialburg, d. h. hier hat keine „großer“ Herrscher gelebt, sondern Beamte in kaiserlichen Diensten, die aber natürlich adlig waren. Ihre erste urkundliche Erwähnung hatte die Burg im 12. Jahrhundert. Sie war die östlichste Burg in der kaiserlichen Mark. Die Burg war im Besitz verschiedener Adelsgeschlechter, deren Wappen heute noch das Hauptgebäude zieren, u. a. derer von Neuberg. Dieser Familie gehörten mehrere Ländereien im Vogtland, sowie die Märkte in Selb und in Asch. Im Jahr 1648 wurde die Burg im Zuge des Dreißigjährigen Krieges von den Schweden geplündert und in Brand gesteckt. Unter Veit Dietrich von Steinheim wurde sie wieder aufgebaut. Von 1712 bis 1989 war die Burg im Besitz der Stadt Eger. Die Burg entwickelte sich durch das benachbarte Franzensbad zu einem beliebten Ausflugsziel der Kurgäste. Nichtsdestotrotz verfiel die Burg immer mehr. Eine erste Rettungsaktion zum Erhalt der Anlage fand in den Jahren 1907 bis 1915 durch den neugegründeten Heimatverein statt. Doch im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts verfiel die Burg wieder. Erst in den 1980er Jahren konnte dieser Prozess ein weiteres Mal gestoppt werde. Seit dem Jahr 1990 ist die Burg Seeberg die Außenstelle des Museums in Franzensbad. Die Anlage wurde durch einen historischen Schuppen und einen Turmspeicher ergänzt, die aus zerstörten Egerländer Dörfern stammen. Darin befindet sich heute eine Ausstellung über die Volkskultur des Egerlandes.

Da die Burg geplündert, zerstört und wiederaufgebaut wurde, ist nichts vom ursprünglichen Interieur erhalten geblieben. In der Burg befindet sich eine Ausstellung historischer Möbel. Von der Vorgängeranlage sind noch einige romanische und gotische Bauteile erhalten geblieben.

Neben historischen Möbeln wird auch Porzellan ausgestellt.

Blick in den Innenhof mit den geretteten Wirtschaftsgebäuden.

 

Ein Blick in die Ausstellung zur Egerländer Volkskultur im Schuppen.

Transparenzhinweis: Vielen Dank an den Tourismusverband Vogtland e. V., der mich zur Pressereise auf dem Kulturweg des Vögte eingeladen hat. Der Beitrag spiegelt meine eigene Meinung wider, denn die Gedanken bleiben frei.

3 Kommentare

    Maximilian Neumann

    Vielen lieben Dank für den informativen Beitrag! Sehr cooler Blog.

      Cindy Hiller

      Vielen Dank für den lieben Kommentar!

    Siebert

    Eine schöne Burg, gut das sie ein weiteres Mal erhalten werden konnte. Im Restaurant Prüller nebenan haben wir gut gegessen. Danke an die nette Dame im Porzellanikon in Hohenberg, sie hat uns den Tipp gegeben.

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