Machern

Geburtstag: 1015 (erstmals erwähnt in der Chronik Thietmar von Merseburgs)

Einwohner: 4.358

Bekannt für: eine interessante Auswahl an Sehenswürdigkeiten – inklusive Bunker und Pyramide

Über den Stasi-Bunker in Machern habe ich schon letztes Jahr etwas geschrieben. Aber man muss gar nicht unter die Erde kriechen, um in der kleinen Gemeinde nahe Leipzig etwas Außergewöhnliches zu sehen.

Das Schloss und der Landschaftsgarten

Machern hat – nicht besonders ungewöhnlich – ein Schloss aus dem 16. Jahrhundert. Etwas außergewöhnlicher ist der 34 Hektar große Landschaftsgarten, der sich an das Gebäude anschließt und einer der ältesten seiner Art in Deutschland sein soll. Dieser wurde in den Jahren 1782 bis 1786 angelegt und orientiert sich am damals ziemlich angesagten Stil der englischen Gärten. Im Gegensatz zum vorhergehenden Barockgarten, indem alles in Form geschnitten wurde, was zu sehr nach Wildwuchs aussah, wird den Pflanzen im Landschaftsgarten die Freiheit gestattet, so zu wachsen, wie sie wollen. Zumindest soll es so aussehen. Und zwischen der ganzen schönen Natur hat immer mal wieder ein antikisierender Tempel Platz oder eine künstliche Burgruine oder – doch recht außergewöhnlich – eine Pyramide. Tatsächlich muss man nicht auf den Mars fliegen und noch nicht mal nach Ägypten reisen, um eine zu sehen. Man muss einfach nur mal eine Runde in der Provinz spazieren gehen.

Für die Entwicklung des Schlosses und des Parks waren zwei Familien maßgeblich. Zum einen ist das die adelige Familie derer von Lindenau, die von 1430 bis 1802 die Herrschaft über Machern besaß. Ab 1536 verlegten sie ihre Hauptresidenz nach Machern, nachdem sie ihren ehemaligen Stammsitz an den Leipziger Stadtrat verkauft haben. (An alle Leipziger: Ja, ganz genau, aus Lindenau kam mal hoher sächsischer Adel. Kann man sich heute kaum mehr vorstellen. Und an alle Altenburger: Ja, Bernhard von Lindenau (1780-1854) stammt auch aus diesem Geschlecht.) Neben der Anlegung des Landschaftsgartens ließ die Familie von Lindenau im 18. Jahrhundert auch großzügige Umbauten am Schloss vornehmen. So wurde aus dem Renaissanceschloss von 1566 ein Barockbau, wie er noch heute zu bewundern ist. Der maßgebliche Initiator beim Gartenbau, Carl Heinrich August von Lindenau (1755-1842), starb 1842 kinderlos und somit erlosch die machernsche Linie derer von Lindenau. Schon im Jahr 1802 verkaufte er seinen Gutsbesitz in Machern, um sich in der Nähe von Potsdam niederzulassen, da er in preußischen Diensten stand. Die zweite Familie, die Machern über einen längeren Zeitraum besaß, kam ebenso aus Leipzig. Im Jahr 1806 erwarb der Kaufmann Gottfried Wilhelm Dietrich Schnetger (1770-1861) das machernsche Gut. Die Familie Schnetger hatte es bis zur Enteignung 1945 in ihrem Besitz und kümmerte sich währenddessen um den Erhalt des Landschaftsgartens. Die Familie nahm keine größeren Umbauten an dem Areal vor. Der einzige Neubau war der Agnestempel.

Im Zuge der Bodenreform wurden das Schloss und der Park sogenanntes Volkseigentum und kamen an die Gemeinde Machern. Das Schloss sollte in ein sozialistisches Kulturhaus umgewandelt werden und im Zuge dessen wurde 1948 die Schlossturmspitze abgerissen. (Ich möchte gerne aufgeklärt werden, warum ausgerechnet dieser Schlossturm unsozialistisch war. Womöglich liegt es daran, dass Türme als herrschaftliches Symbol galten.) Zur geplanten Umwandlung kam es nicht, denn aus Platznot zog in die erste Etage des Schlosses die Macherner Laienspielgruppe ein. Diese dauernde Nutzung hat das Schloss davor bewahrt, leise vor sich hinzugammeln, wie so viele andere Schlösser. Gegen Ende der 1970er Jahre fanden bereits erste Renovierungsarbeiten statt, die 1981 von einem Feuer im Hinterflügel wieder zunichte gemacht wurden. Dennoch wurden die Arbeiten bis 1992 fortgesetzt. Schon im Jahr 1988 wurde die Schlossturmspitze wiederaufgesetzt. Für den Erhalt des öffentlich zugänglichen Parks sorgen inzwischen die Gemeinde und ein Förderverein.

Das Wappen der Familie von Lindenau über dem Schlosseingang. Es zeigt eine entwurzelte Linde.

Das Wappen der Familie von Lindenau über dem Schlosseingang. Es zeigt eine entwurzelte Linde.

Der Hygieia-Tempel wurde 1797 erbaut.

Er ist der griechischen Göttin der Gesundheit gewidmet und wurde 1987 restauriert.

Er ist der griechischen Göttin der Gesundheit gewidmet und wurde 1987 restauriert.

Der Blick über den Schwemmteich hinüber zum Agnestempel, der um 1806 gebaut wurde. Er wurde wahrscheinlich nach Agnes Schnetger benannt.

Der Blick über den Schwemmteich hinüber zum Agnestempel, der um 1806 gebaut wurde. Er wurde wahrscheinlich nach Agnes Schnetger benannt.

Die künstliche Ruine einer Ritterburg wurde um 1795/96 nach Entwürfen des Architekten Ephraim Wolfgang Glasewalds gebaut. Man kann das Gebäude nur durch den vorgelagerten Eingang (rechts im Bild) erreichen. Der daran anschließende Gang ist 36 m lang.

Die künstliche Ruine einer Ritterburg wurde um 1795/96 nach Entwürfen des Architekten Ephraim Wolfgang Glasewald (1753-1817) gebaut. Man kann das Gebäude nur durch den vorgelagerten Eingang (rechts im Bild) erreichen. Der daran anschließende Gang ist 36 m lang.

Die Ruine markiert den höchsten Punkt der gesamten Parkanlage.

Die Ruine markiert den höchsten Punkt der gesamten Parkanlage.

Der Turm ist 26 m hoch. Wahrscheinlich wurde das Gebäude auch für Initiationsriten eines Geheimbundes genutzt. (Galileo ist an dem Fall dran.)

Der Turm ist 26 m hoch. Wahrscheinlich wurde das Gebäude auch für Initiationsriten eines Geheimbundes genutzt. (Galileo ist an dem Fall dran.)

Die Pyramide wurde 1792 als Mausoleum gebaut, aber nie dafür benutzt. Die Fassade besteht aus Rochlitzer Porphyrtuff.

Die Pyramide wurde 1792 als Mausoleum gebaut, aber nie dafür benutzt. Die Fassade besteht aus Rochlitzer Porphyrtuff.

Wahrscheinlich wurde sie auch von einem gewissen Super-Geheimbund für super-geheimnisvolle Riten benutzt. Aber vielleicht auch nicht.

Wahrscheinlich wurde sie auch von einem gewissen Super-Geheimbund für super-geheimnisvolle Riten benutzt. Aber vielleicht auch nicht.

Von der Pyramide aus blickt man auf die Statue einer Vestalin. Die Wege um die Anlage herum sollen an die Form eines Skarabäus erinnern.

Von der Pyramide aus blickt man auf die Statue einer Vestalin. Die Wege um die Anlage herum sollen an die Form eines Skarabäus erinnern.

Das Monument für die Mutter des Grafen von 1784 im Landschaftsgarten.

Das Monument für die Mutter des Grafen von 1784.

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